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Altern für Junggebliebene


 

Altern für Junggebliebene

 

In einem Monat werde ich 30 und es ist mir egal wie nie zuvor. Viele meiner Freunde sehen das mit dem Altern anders und wenn wir zusammen ausgehen, beklagt sich immer jemand über all die jungen Menschen um uns herum. Dazu möchte ich ganz kurz etwas sagen.

 

Das klingt jetzt so, als ob ich mich zwar nicht übers Altern beklage, dafür aber über meine Freunde, die sich darüber beklagen und das stimmt so nicht. Ich möchte euch mit diesem Bericht lediglich ein paar meiner Überlegungen zu diesem Thema weitergeben, die mir das Leben erleichtern und hoffentlich auch euch ein paar hilfreiche Denkanstösse liefern werden.

 

Es ist irgendwie natürlich, dass wir einen gewissen Respekt vor dem Altern und vor der Endlichkeit unseres Lebens haben. Niemand beschäftigt sich gerne mit diesem Thema, erst recht nicht mit dem Tod. Doch woher kommt dieses ungute Gefühl oder sogar diese Angst? Ich habe schon viel darüber gelesen und folgende Frage hat mir damals die Augen geöffnet: „Haben wir Angst vor dem Tod oder vor der möglichen Erkenntnis, nicht gelebt zu haben?“

 

Was den Tod anbelangt, möchte ich nicht zu viele Worte darüber verlieren. Um unserem Leben einen Sinn zu geben und um uns die Angst vor dem Tod zu nehmen, haben wir eine riesengrosse Auswahl an Möglichkeiten (wie Religionen) und wir können frei entscheiden, was wir darüber glauben und davon halten wollen. Ich persönlich finde es unwichtig, woran jemand glaub. solange es ihm die nötige Zuversicht fürs Leben gibt und die Angst vor dem Tod nimmt. Ich lese gerne etwas darüber von jemandem, der damit Erfahrung hat, darum habe ich mich mit Nahtodberichten beschäftigt und fast keine schlechten Erfahrungsberichte gelesen. Um den Kreis mit den Religionen zu schliessen kann ich dazu noch sagen, dass viele Leute „nach“ dem Tod genau das erleben, was sie ihr Leben lang geglaubt und sich vorgestellt haben. Das mag etwas sehr einfach klingen, doch man kann schliesslich glauben was man will, darum habe ich mich dazu entschieden, etwas so „Einfaches“ zu glauben.

 

Weiter geht es mit dem eigentlich interessanteren Punkt und zwar mit der Angst vor der möglichen Erkenntnis, nicht gelebt zu haben. Diesen Punkt finde ich deshalb interessanter, weil er die ganze Angelegenheit in ein völlig anderes Licht stellt. Jeder von uns hat eine Vorstellung davon, wie sein Leben idealerweise ablaufen sollte. Hier ist ein Beispiel dazu: Wir können es kaum erwarten, bis wir endlich die Grundschule hinter uns haben, 18 sind und endlich Auto fahren können. Dann wollen wir schnellstmöglich die Lehre abschliessen, den Militärdienst hinter uns bringen und dann vielleicht mehr Erfahrung auf dem gelernten Beruf sammeln oder uns weiterbilden. Vielleicht möchte man noch irgendwohin reisen und ein paar Länder sehen, sich austoben solange man noch kann und ZACK, schon geht es gegen die 30 und es wird knapp. Denn, bis 30 sollte man sich schliesslich niedergelassen und eine Familie gegründet haben, wie es ALLE ANDEREN auch getan haben. Oder etwa nicht?

 

Wenn man jedoch nicht in dieses Schema passt oder nicht zufrieden ist mit dem Verlauf seines Lebens bis 30, dann ist noch lange nichts verloren und ich sage euch wieso. Auf die folgenden Punkte gehe ich nicht allzu detailliert ein, um es kurz zu halten. Jeder dieser Punkte öffnet die Tür zu vielen weiteren Gebieten und deshalb ist die Denkaufgabe am Schluss ein passender und zusammenfassender Abschluss von diesem Bericht.

 

 

Erster Punkt: Zeit ist relativ. Fünf Minuten in einer Warteschlange fühlen sich an wie eine Ewigkeit, während fünf Minuten im Vergnügungspark viel zu schnell vorübergehen. Das soll jetzt nicht bedeuten, dass man langsamer altern kann, indem man sich langweilt, sondern dass der zeitliche Aspekt nicht immer zu ernst genommen werden darf. Manchmal entwickelt man sich in zwei Jahren weiter als in zehn Jahren zuvor. Jeder von uns hat seinen eigenen Zeitplan und dieser ist genau so individuell wie unsere DNA. Das Alter ist genauso relativ. Bist du von Jüngeren umgeben, fühlst du dich alt. Bist du von Älteren umgeben, fühlst du dich jung. Du kannst deine Umgebung auswählen und dir so prinzipiell auch aussuchen, wie alt du dich dadurch fühlen willst. Darum sagt man, man sei nur so alt, wie man sich fühle.

 

Zweiter Punkt: Im Moment leben! Trauert man dem nach, was man verpasst hat oder was anders hätte laufen können, dann lebt man in der Vergangenheit. Hat man gewisse Ängste oder sogar Sorgen, dann lebt man zu stark in einer möglichen negativen Zukunft. In beiden Fällen verpasst man die Gegenwart und damit den einzigen Moment, in welchem man handeln und seine eigene Zukunft aktiv beeinflussen und gestalten kann.

 

Dritter Punkt: Lerne dich selbst kennen! Vereinsamung ist gerade ein grosses Thema in unserer Gesellschaft und es wird noch zu einem grösseren Thema werden. Natürlich ist niemand gerne alleine, aber die Unfähigkeit, alleine sein zu können, bringt eine unglaublich grosse Abhängigkeit mit sich. Nämlich die Abhängigkeit von jemand anders, um selber überhaupt glücklich sein zu können. Stirbt dieser jemand, vereinsamt man wahrscheinlich… Dies kann nur verhindert werden, indem man lernt, sich selbst zu mögen und mit sich selbst im Reinen zu sein. (Zusätzlich entstehen dadurch auch bedeutungsvollere Beziehungen.)

 

Es gäbe bestimmt noch viel mehr Punkte dazu, doch der Grundgedanke zu diesem Thema ist, sich überhaupt damit zu beschäftigen. Das ist der wichtigste und gleichzeitig auch gleich der schwierigste Punkt von allen. Darum möchte ich nun ein grosses Lob an alle richten, die bereits bis hierhin gelesen haben! Das bedeutet noch lange nicht, dass ihr euch ernsthaft damit beschäftigt, aber ihr schaut wenigstens nicht so schnell weg und das Thema interessiert euch genug, um diesen Bericht (hoffentlich) fertig zu lesen.

 

Als letzten Denkanstoss möchte ich euch noch eine kleine Denkaufgabe mit auf den Weg geben. Stellt euch vor, ihr seid 70 Jahre alt (oder einfach etwa zehn Jahre älter als jetzt) und ihr würdet auf diesen Moment zurückschauen. Was denkt ihr, werdet ihr darüber denken? Wird dieser Moment oder dieser Abschnitt in eurem Leben als gute Erinnerung gespeichert werden? Gibt es irgendetwas, das ihr rückblickend (von der Zukunft aus gesehen) anders machen würdet? Falls diese Frage mit „Ja“ beantwortet wird, dann ist jetzt der Moment, in dem eine zukünftige Reue über diesen Moment verhindert werden kann. Falls alles nach Plan zu laufen scheint, seid ihr auf gutem Weg und was immer ihr macht, macht weiter so!

 

Allfällige Rückmeldungen zu diesem Thema nehme ich sehr gerne entgegen. Es würde mich auch Wunder nehmen, ob dieser Bericht hilfreich war oder ob es Punkte darin gibt, die auf Widerstand stossen. Keine Rückmeldungen gelten als gute Rückmeldungen.

 

Viel Spass beim Altern!

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