DSdS Teil 19 – Teufel an der Wand
Ich bin ein sehr optimistischer und positiv eingestellter Mensch; trotzdem gibt es manchmal Momente, in denen mein Glaube an das Gute leicht ins Schwanken gerät. Solche Momente sind aber wichtig, um mein Fundament aus guten Absichten immer wieder neu zu stärken.
Dieser Text dient also nicht um zu jammern, sondern ist einfach eine Auflistung von aktuellen Herausforderungen, die mich beschäftigen. Das Folgende mag etwas negativ klingen, doch so negativ ist es eigentlich gar nicht gemeint. Es sind nur meine Ansichten über unsere aktuelle Situation. Wie in Teil 18 gesagt, muss man zuerst eine unangenehme Situation akzeptieren und annehmen können, bevor sich jemals etwas daran verändern kann.
Kompostzone
Die Komfortzone der meisten Menschen besteht aus dem Kompost der Gesellschaft. Viele sehen überall nur das Negative und jeder noch so kleine Mist zieht sie an wie Mistfliegen. Diesen Mist verbreiten sie dann in ihrem Umfeld und das wirkt wie Dünger für noch mehr Mist. Gleichzeitig nimmt das dem Positiven und Guten jeglichen Nährboden weg. Wir sind geprägt von Neid und Missgunst und viele soziale Werte sind am verfaulen.
Schule und Schuld
Es werden Kinder in die Welt gesetzt, weil man das halt so macht und ohne sich bewusst zu sein, was Kinder für ihre Entwicklung alles brauchen und was alles in ihnen vorgeht. Oder die Eltern sind selbst noch Kinder und wissen nicht was es bedeutet, Verantwortung zu tragen oder diese jemandem mit auf den Weg zu geben. Kinder werden mit Schuld beladen, die eigentlich von den Eltern abgeladen werden sollten. Aus dieser Schuld entstehen die ersten Selbstzweifel, weil man als Kind nicht an seinen Eltern zweifelt, sondern an sich selbst. In der Schule werden all diese Selbstzweifel gestärkt, weil ja jeder überall möglichst gut sein sollte, um im System als intelligent zu gelten. Und wieder zweifelt man nicht am System, sondern an sich selbst! Das System lehrt uns nicht, wie wir als Mensch funktionieren oder wie jeder von uns als Teil der Gesellschaft ein soziales Zusammenleben garantieren kann. Die Psyche als ein Grundstein unseres Daseins wird ausser Acht gelassen oder erst dann thematisiert, wenn etwas nicht dem System entspricht. Intelligenz definiert sich so durch die Anpassungsfähigkeit ans System. Doch das System entspricht nicht unserer menschlichen Natur, deshalb gefällt mir die Definition von Intelligenz von Stephen Hawkings viel besser: „Intelligenz ist die Fähigkeit, sich dem Wandel anzupassen.“ Wem dient also die Bildung?
Schuften lassen schuften
Unser Bildungssystem ist auf die Wirtschaft ausgelegt und diese basiert auf Kapitalismus. Es geht also nicht um den Mensch an sich, sondern vor allem um Geld und Macht. Genau diese Vernachlässigung des Menschen fängt in der Schule an, zieht sich so auch weiter durch alle anderen Gebiete der Wirtschaft und verankert sich in unserer Gesellschaft. Die wichtigsten sozialen Berufe im Pflegebereich werden unmenschlich tief entlohnt. Im Gesundheitsbereich geht es allgemein nicht um die Gesundheit, sondern um die Behandlung von Krankheiten und das sind zwei verschiedene Gebiete. Für die Pharmaindustrie gilt Folgendes: Geheilte Patienten sind verlorene Kunden. Ich sag’s noch einmal für die Leute ganz hinten: Geheilte Patienten sind verlorene Kunden! Lasst euch diesen Satz einmal auf der Zunge zergehen. Wenn euch dabei leicht übel wird, ist das ein sehr gutes Zeichen für Mitgefühl.
Asozialismus
Wer nicht in diese Leistungsgesellschaft passt, wird ausgesondert. Körperlich oder geistig Beeinträchtigte Personen haben zwar ihre Institutionen und Heime, doch genau so werden sie von der Gesellschaft ausgeschlossen und erhalten erst recht das Gefühl, nicht dazu zu gehören. Ich bezeichne diese Beeinträchtigten nicht gerne als „Behinderte“, weil sie in dem Sinne nicht behindert sind, sondern behindert werden. Sie werden vom System an der Integration in die Gesellschaft behindert. Das System ist die eigentliche Behinderung!
Amerikanisierung
Durch diesen Text habe ich gerade bemerkt, wie fortgeschritten die Amerikanisierung bei uns schon ist und das kann beängstigend sein. Natürlich könnte man auch meinen, ich hätte den Teufel an die Wand gemalt und es sei keineswegs so schlimm bei uns. Falls das jemand so sieht weil er positiv eingestellt ist, dann freue ich mich für ihn. Doch falls das jemand so sieht, weil er nur auf den eigenen Wohlstand fokussiert ist und alle Benachteiligten vernachlässigt, dann tut mir zwar seine asoziale, ignorante und egoistische Haltung leid, doch ich akzeptiere sie und wünsche ein erfülltes Leben.
Teufel an der Wand
Eine sehr wichtige Gemeinsamkeit zwischen psychologischer Kriegsführung und dem Leben an sich ist die Tatsache, dass man sich mit einem Gegner befassen und ihn kennenlernen muss, wenn man ihn besiegen möchte. Das Gute am Leben ist, dass es gar nicht zum Kampf kommt, wenn man sich mit einem Gegner abfinden kann.
Der Teufel an der Wand ist oft nur das Spiegelbild von uns selbst und genau deshalb ist ein Kampf sinnlos. Wir selbst sind unser grösster Gegner. Unser Spiegelbild ist ein Siamesischer Zwilling, mit dem wir zusammen leben müssen. Nur wenn wir uns mit ihm abfinden, können wir einen passenden Umgang mit ihm finden. Widerstand ist zwecklos.
Weil wir selbst immer das Bedeutendste für uns sind.
Kommentar schreiben